Die digitale Revolution und ihre Folgen
Unsere Gesellschaft entwickelt sich nach und nach zur digitalen Gesellschaft: „Big Data“ ist zum Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden. Die Politik hat das Potential der digitalen Revolution erkannt und legte mit der Digitalen Agenda 2014 bis 2017 den Grundstein für grundlegendende Infrastrukturveränderungen im Bildungs- und Forschungsbereich. Das vom BMBF 2014 ernannte „Wissenschaftsjahr der digitalen Gesellschaft“ folgte dieser Entwicklung.
Die Digital Humanities (DH) sind eine Folge der digitalen Revolution: Geisteswissenschaftliche Fragen werden mit computergestützten Verfahren beantwortet. Damit bewegen sich die DH zwischen den Geisteswissenschaften und der Informatik. Die neuen Möglichkeiten für wissenschaftliche Untersuchungen sind sowohl eine Herausforderung als auch eine Bereicherung für die DH und alle beteiligten Disziplinen. Sobald Texte nicht mehr als Texte gelesen, sondern als Daten analysiert werden, ändert sich die Perspektive darauf. Durch die andere Perspektive können neue Fragen gestellt und alte Forschungsfragen beantwortet werden.
Der Masterstudiengang „Digital Humanities“ der Universität Stuttgart gibt BA-Absolventen der Geisteswissenschaften die Möglichkeit, sich genau in diesem Bereich fortzubilden.
Studienaufbau
BA-Absolventen geisteswissenschaftlicher Fächer haben die Möglichkeit, sich in ihrem geisteswissenschaftlichen Fach zu vertiefen und sich parallel interdisziplinär in der Informatik und den Digital Humanities zu spezialisieren. Die Vorteile einer solchen Ausbildung liegen auf der Hand: einerseits werden die fachspezifischen Kompetenzen gefestigt und andererseits Kernkompetenzen der Digital Humanities erworben. Eine besondere Stellung nehmen dabei die Module (siehe Studienverlaufsplan) ein: Im ersten Semester vermittelt eine Ringvorlesung einen Überblick darüber wie die DH in den einzelnen geisteswissenschaftlichen Fachbereichen, z.B. der Romanistik oder der Philosophie, aussehen können. Dabei werden Projekte oder fachspezifische DH-Themen vorgestellt, sodass alle Studierende die Möglichkeit bekommen, einen DH-Einblick auch in die ihnen fachfremden Geisteswissenschaften zu erhalten. Fortgesetzt wird dieses Modul im darauffolgenden Semester: Die Geisteswissenschaften bieten Veranstaltungen an, in denen eine fachspezifische Fragestellung im Vordergrund steht, die mit Methoden der DH gelöst wird. Dieses handlungsorientierte, d.h. problemlösungsorientierte Lernen stellt einen zentralen Pfeiler im Curriculum des Masterstudiengangs „Digital Humanities“ dar. Ein weiterer Pfeiler besteht darin, in den ersten Semestern ein systematisch vernetztes Lernen zu ermöglichen. Im dritten Semester kommt den Studierenden ihr vernetztes Wissen im Modul „Reflexionen digitaler Methoden“ zugute. Sie sind damit in der Lage die wissenschaftliche Herausforderungen der Digital Humanities zu verstehen und kritisch einzuschätzen.
Es wird nicht zuletzt viel Wert auf eine praxis- und forschungsorientierte Lehre gelegt: Themen, die in der Theorie vermittelt werden, können unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden. Das bedeutet in Bezug auf die technischen Kompetenzen, dass die Studierenden mit Abschluss des Masterstudiengangs z.B. in der Lage sind, kleinere Werkzeuge zu programmieren oder Annotationsprojekte durchzuführen und zu validieren. Die Universität Stuttgart bietet hervorragende Bedingungen für eine forschungsorientierte Lehre. Die vorhandenen Infrastrukturen vermitteln einen interdisziplinären Wissenstransfer der Wissenschaftler untereinander; das Forschungszentrum Text Studies, das geplante Zentrum für reflektierte Textanalyse und nicht zuletzt die zahlreichen DH-Projekte der geisteswissenschaftlichen und informatischen Fakultät ermöglichen eine Lehre, die den Studierenden unmittelbar zugutekommt. Ergänzt wird die praxis- und forschungsorientierte Lehre durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen außeruniversitären Institutionen.
Durch diese ineinander greifende Ausrichtung der Lehre nimmt im Laufe des Studiums auch die Selbstständigkeit der Studierenden zu: Besteht das 1. Semester noch aus mehreren, Grundlagen vermittelnden Vorlesungen, sind die Module im 2. Semester projektorientiert: Im Modul „Methoden der DH“ werden einzelne Übungsaufgaben selbstständig bearbeitet; im Modul „Projektarbeit“, in der eine Aufgabe im Team gelöst wird. Auch das Modul „DH in den Geisteswissenschaften II“ kann eine praxisnahe Veranstaltung beinhalten, z.B. das Erstellen einer digitalen Edition. Im 3.Semester kommt schließlich das Forschungskolloquium dazu, das auf die Masterarbeit mit der Findung einer Fragestellung und angemessenen Methodik vorbereitet.
Es besteht die Möglichkeit, den eigenen Neigungen zu folgen und im dritten Semester vermehrt Lehrveranstaltungen in den Geisteswissenschaften oder in der Informatik zu besuchen. Auch das Thema der Masterarbeit kann vom Studierenden selbst auf eine der beiden Richtungen festgelegt werden. Dem Studium wird damit noch einmal ein eigener Schwerpunkt gegeben.
Berufliche und wissenschaftliche Perspektiven
Den Absolventinnen und Absolventen steht zunächst der akademische Bereich der Digital Humanities offen, etwa im Rahmen einer Promotion in den Digital Humanities. Daneben ist es auch möglich, die im Studiengang erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in einer klassisch geisteswissenschaftlichen Promotion anzuwenden.
Durch die Interdisziplinarität des Studiengangs erweitern sich auch die erworbenen Kompetenzen. Das betrifft nicht nur die fachlichen Kompetenzen, sondern auch Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, das Verstehen von Zusammenhängen oder die Fähigkeit, über den Tellerrand zu schauen und sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Den Absolventen stehen damit sowohl die typischen Tätigkeitsfelder für Geisteswissenschaftler offen als auch Bereiche, in denen ihre fachliche Spezialisierung oder ihre Soft Skills gefragt sind. Durch die zunehmende Digitalisierung in allen Bereichen können die Absolventen und Absolventinnen nicht nur mit den oben genannten Aufgaben betraut werden, sondern sie können sich auch in allen Bereichen, in denen Informatikkenntnisse von Vorteil sind, einbringen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: vorstellbar ist alles vom E-Learning-Bereich bis hin zur Tätigkeit in einem Internet-Unternehmen.
Eckdaten
- Regelstudienzeit: 4 Semester
- Vertiefung in den Geisteswissenschaften; Spezialisierung in der Informatik und den Digital Humanities; Möglichkeit der Schwerpunktausrichtung
- Praxisnahe Veranstaltungen: forschungsorientierte Lehre; Projekte werden zuerst im Team und später selbstständig durchgeführt
- Es gibt interdisziplinäre Kooperationen zwischen Informatik und Geisteswissenschaften
- Im Studiengang werden die verschiedenen geisteswissenschaftlichen Fächer der Universität zusammengeführt
- Es findet ein enger Austausch mit Kooperationspartnern auch außerhalb der Universität Stuttgart statt
- Absolventen haben Berufsaussichten auch in Bereichen, die über die üblichen geisteswissenschaftlichen Tätigkeitsbereiche hinausgehen
Zulassungsbedingungen
Abschluss in einem mindestens sechssemestrigen Bachelorstudiengang (oder gleichwertiger Abschluss) im Fach Linguistik, Kunstgeschichte, Geschichte, Philosophie, Kulturwissenschaft, Germanistik, Romanistik, Anglistik oder Geschichte der Naturwissenschaft und Technik oder in einem mit den genannten Disziplinen inhaltlich nahe verwandten Studiengang mit der Durchschnittsnote „gut“ (2,5) oder besser.
Die vollständigen Informationen über das Zulassungsverfahren und die Kriterien zur Feststellung der fachlichen Eignung finden Sie in der Zulassungsordnung.
Zulassungskriterien und Zulassungsordnung
Informationen zum Zulassungsverfahren (Master)
Bewerbung
Bewerbungen sind bis zum 15. Juli hier möglich.